Tiefe Hirnstimulation: Wenn Elektroden im Kopf in Echtzeit Frequenz und Stärke des eigenen Impulsbedarfs ermitteln

Artikel vom 11.07.2021

Soeben hat die nächste Generation an Systemen zur Tiefen Hirnstimulation (THS) – so der Fachbegriff – Einlass in die Krankenzimmer genommen: Im April 2021 erhielten am Universitätsklinikum Würzburg weltweit die ersten beiden Patienten „adaptive Stimulatoren“. Der Name verweist auf das Prinzip: In einem geschlossenen Kreislauf wechselwirken die Endpunkte des Systems miteinander. Die Elektroden im Gehirn ermitteln Informationen und geben diese zur Verarbeitung weiter an das Steuergerät, das in der Brust sitzt.

„Das Steuergerät erfasst rund um die Uhr die Gehirnsignale und schickt wiederum auf dieser Basis kontinuierlich Impulse an eng umgrenzte Hirnareale“, sagt Neurochirurgin Cordula Matthies, die mit ihrem Team die beiden Eingriffe vornahm. Der Stimulator berechnet dabei in Bruchteilen von Sekunden den jeweils benötigten Bedarf an elektrischer Aktivität für jeden Ausgang im Kopf und reagiert umgehend. Bevor also überhaupt ein Symptom wie die Beweglichkeit sich zu verschlechtern beginnt, steuern die adaptiven Geräte mit elektrischen Impulsen in geeigneter Stärke dagegen – der Patient merkt im Optimalfall nichts.

„Jede Elektrode, jeder ‚Ausgang‘ im Kopf erhält dabei spezifisch nur so viel elektrische Stimulation, wie zu dem jeweiligen Zeitpunkt benötigt wird“, erläutert Andrea Kühn, Leiterin der Sektion Bewegungsstörungen und Neuromodulation an der Charité Berlin. Und dies könne sich in Bruchteilen von Sekunden von Messung zu Messung ändern. Die Stimulation erfolgt mithin bedarfsgerecht. Das ist plausibel, schließlich schwankt das Auftreten der parkinsontypischen Beeinträchtigungen im Tagesverlauf. „Ziel war es zudem, die Nebenwirkungen einer Stimulation zu reduzieren“, sagt Kühn. Und das gelinge ebenfalls. „Darüber hinaus sammeln die neuen Geräte permanent Daten, die der Weiterentwicklung und der Therapie insgesamt zugutekommen“, ergänzt Matthies.

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