Gyrokinesis und Gyrotonic bei Parkinson

Letztlich lässt sich die Essenz in einem Satz zusammenfassen: Bei  Gyrokinesis geht es um die Kraft der Körpermitte, um Freude an der Bewegung, an Schwingungen und darum, den Rhythmus des eigenen Körpers zu erleben, mit ihm zu arbeiten. Oder anders gesagt: Gesundheitsprävention trifft auf Leidenschaft. Typisch ist – selbst bei manch Übung im Sitzen – das leicht Tänzerische, das immer wieder aufscheint und zunächst ungewohnt sein kann. Ebenso wie die teils komplexen Bewegungsabfolgen, bei denen die Arme gern mal eine andere, gegenläufige oder um 90° versetzte Richtung einschlagen, als die Beine vorgeben. Das ist typisch für Gyrokinesis, und eben solche Herausforderungen sind es, die die eingeschworene Fangemeinde dieses noch raren Angebot hierzulande anziehen.

Warum Gyrokinesis bei Parkinson hilft?

In langen, fordernden Einheiten dienen die durchweg dynamischen Übungen dazu, Wirbelsäule, Gelenke und Skelettmuskulatur zu kräftigen und zu stabilisieren – und ebenso der Entspannung. Damit stützen sie jene Problembereiche, die bei Parkinson an allererster Stelle genannt werden, geht es um damit einhergehende Schmerzen oder Beeinträchtigungen. Hat die Behandlung Erfolg, lassen Stress und Verspannungen nach, die Muskulatur kräftigt sich. Beweglichkeit und Koordinationsvermögen nehmen zu – Wohlbefinden und ein positives Körperbewusstsein stellen sich ein. 

Die Methode

Eine Gyrokinesis-Einheit dauert 75-90 Minuten und beginnt für gewöhnlich mit dem sogenannten „Awakening“. Während dieser Aufwärmphase nehmen die Teilnehmer eine Art Selbstmassage am Kopf und an anderen Körperteilen vor und „wecken“ so ihre „Sinne“. Dann folgen als eigentlicher Beginn fließende Bewegungen; der Körper ist fortan – auf dem Hocker sitzend – in Aktion: mal sanft gedreht, gebeugt, gestreckt. Anschließend wird die Wirbelsäule intensiv in verschiedene Richtungen bewegt. Dieser zentrale Teil dient der Mobilisation des gesamten Körpers. Begleitelemente wie „Arch“ und „Curl“ sollen Verspannungen lösen; Ziel ist die tiefliegende Muskulatur in Rücken und Bauch ebenso wie der Beckenboden. Weitere Bewegungszyklen folgen dann im Stehen, sitzend auf dem Boden und schließlich auf einer Matte liegend. Dadurch wird das Training komplexer, denn auch Körperteile wie die Hüften, Schultern, Hände und Füße werden beansprucht. Schließlich soll man sich hinterher durch Gyrokinesis nicht nur entspannter fühlen, sondern auch gelenkiger sein. 

Die Übungen reihen sich nahtlos in raumgreifenden, dreidimensionalen Abfolgen aneinander; in Details erinnern die Elemente an Bewegungen aus dem Yoga, Tanzen und Schwimmen. Was sich im ersten Moment anhört, als könne es nicht zusammenpassen oder sei schwierig zu erlernen, funktioniert in der Umsetzung bestens. Gyrokinesis ist ein klug durchdachtes Therapiekonzept; nicht leicht zu erlernen, jedoch ungeheuer hilfreich. Die Methode aktiviert die Selbstheilungskräfte des Körpers, löst Blockaden und setzt Energien frei. Sich einfach gut fühlen – das ist das Ziel. Inzwischen gibt es Gyrokinesis-Bewegungskonzepte diverser Intensitätsstufen. Eine Vielzahl unterschiedlicher Übungen erlaubt es, Kurse flexibel, modular, individuell auf die Teilnehmer kreativ zuzuschreiben. 

Kosten

Gyrokinesis erscheint wie ein explizit gegen die Parkinson-Erkrankung und deren zentrale Symptomatik konzipiertes Therapiekonzept. Da überrascht es, dass in Deutschland die Kosten von den Krankenkassen nicht übernommen werden. Moniert wird zu Recht, dass es keine reproduzierten wissenschaftlichen Studien gibt, die eine therapeutische Wirkung belegen. Allerdings gibt es Einzelfallentscheidungen zugunsten von Patienten, die ihren Kostenträger von dem Angebot überzeugen konnten. Leider gibt es kaum zertifizierte Trainer für Gyrokinesis – selbst in Großstädten oft nicht mehr als eine Handvoll.

Weiterführende Informationen

Das Konzept stammt von dem Tänzer Juliu Horvath, der nach einem schweren Unfall im Krankenhaus lag. Von den Ärzten aufgegeben und all seiner Beweglichkeit beraubt, entwickelte er dieses Therapiekonzept und fand ins Leben zurück. Er konnte sich schließlich wieder nahezu normal bewegen. Mit Gyrokinesis wollte der Ungar ein Workout für Menschen jeden Alters und Fitness-Levels schaffen. Professionelle Athleten oder Tänzer können ebenso wie Freizeit-Sportler ihr Training damit ergänzen. 

Gyrotonic

Auf der Grundlage von Gyrokinesis gibt es eine weiterentwickelte Form: Gyrotonic. Sie unterscheiden sich hauptsächlich darin, dass neben der Arbeit am und mit dem Körper auch Geräte zum Einsatz kommen. Dadurch bestehen weitere Möglichkeiten, mit und an der Wirbelsäule zu wirken, die ja als zentraler, den gesamten Menschen stabilisierender Träger wie beim Gyrokinesis beschrieben im Zentrum des Behandlungskonzeptes stehen. 

Auch hier fließen in die einzelnen Übungen Bewegungsmuster und -formen aus dem Schwimmen, Kunstturnen, klassischen Tanz, Yoga, Tai Chi und aus der Gymnastik ein, jedoch erfahren diese Abläufe durch den Einsatz etwa von Expandern – nur ein Beispiel – eine Art Neujustierung, eine veränderte Ausrichtung. Dies allein schon deshalb, da andere Drehmomente an den Muskeln oder dem Skelett wirken und mehr Krafteinsatz notwendig ist. Wer dies ausprobieren möchte, sollte über eine gewisse Grundfitness verfügen. Die Grundmuster der Bewegungen selbst gestalten sich wie beim Gryokinesis: zirkulär, spiralisierend, wellenförmig. Auch hier gehen sie fließend ineinander über. Ebenso sind die Bewegungsausführungen beim Gyrotonic stets exakt kontrollierbar. 

Wie beim Gyrokinesis, besteht der grundlegende Unterschied der GYROTONIC-Methode zu anderen Angeboten darin, dass je nach Praktikabilität die Übungen nicht ideologisch überbaut, sondern rein am Nutzen entlang viele Elemente aus den modernen westlichen Bewegungslehren und dem Jahrtausende alten fernöstlichen Wissen über Körperenergie ohne große Zurückhaltung zusammenbinden. Mit der betonten Dreidimensionalität in den Bewegungsabläufen soll sichergestellt sein, dass die mit dem Training angesprochenen Muskelketten, Sehnen, Bänder, Bindegewebe bzw. Faszien und Gelenke in ihrem natürlichen physiologischen Zusammenspiel erreicht werden. 

Bedingt durch den zeitweiligen Geräteeinsatz wird beim GYROTONIC teils gegen größere Widerstände gearbeitet, vergleichbar bei manchen Folgen etwa dem natürlichen Widerstand des Wassers beim Schwimmen. Dabei ist ein entscheidender Baustein beider Formate – Gyrokinesis und Gyrotonic – das Erlernen der richtigen Atmung, die bei vielen Übungen noch nuancierte Unterschiede kennt: So gehört zu etlichen Bewegungsmustern bzw. zu jeder Phase des Bewegungszyklus ein korrespondierendes Atemmuster. Dabei geht es nicht nur darum, diese begleitend zu beherrschen; der Vorgang selbst, sich zumindest zeitweilig auf das Atmen konzentrieren zu müssen, spricht ein weitere (kognitive) Ebene an – und liefert dadurch einen ergänzenden Trainingseffekt. 

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