Professionalisierte Vernetzung von Parkinson in Deutschland

Projekt-Eckdaten

Förderjahr:  2022

Antragsteller und Projektpartner: Prof. Dr. Warnecke als Vertreter der AG „Netzwerke und digitale Versorgung” der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG) und Prof. Dr. Amelung als Geschäftsführer der inav – privates Institut für angewandte Versorgungsforschung GmbH

Projektleitung: Carina Lummer (inav)

Inhalt: Das Projekt strebt eine übergreifende Professionalisierung der Parkinsonnetzwerk-Strukturen an. Ziel sind die zentrale Unterstützung und Steuerung der regionalen Parkinsonnetzwerke in Deutschland über eine koordinierende Instanz und damit einhergehende versorgungsverbessernde Maßnahmen für Betroffene, Angehörige und Versorgende.

Fördermittel: 9.540 €

parkinsonnetzwerk-deutschland-projektlogo
von oben: Prof. Dr. Warnecke (Osnabrück), Prof. Dr. Eggers (Bottrop), Prof. Tönges (Bochum), Fenja Demandt (inav), Carina Lummer (inav)

Hintergrund des Projekts

Mangel an interdisziplinärer Zusammenarbeit

Für eine angemessene Versorgung und optimale Unterstützung von Parkinson-Erkrankten, ist ein interdisziplinärer Versorgungsansatz notwendig, der die individuellen Bedürfnisse sowie die Vielschichtigkeit der Erkrankung berücksichtigt [1]. 
In der Versorgungsrealität ist jedoch, bedingt durch die Sektorengrenzen des deutschen Gesundheitswesens, ein geringer Vernetzungsgrad unter den Versorgern von Parkinson-Patienten gegeben. 

Dies führt zu einem Mangel an interdisziplinärer Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den Versorgern, welcher wiederum eine Unter- und Fehlversorgung von Parkinson-Patienten zur Folge hat [2].  Durch die Behandlung in der nicht-spezialisierten Versorgungsebene werden die Patienten häufig nicht ihrem Krankheitsbild entsprechend durch das Gesundheitssystem gesteuert und erhalten daher nicht die Versorgung, die im individuellen Krankheitsverlauf indiziert wäre. Es fehlt eine patientenzentrierte und individuell ausgerichtete Behandlungsplanung [2]. 

Die Lösung: Parkinson-Netzwerke

Multidisziplinäre, regionale Parkinson-Versorgungsnetzwerke dienen dazu, der zuvor genannten Problemkonstellation in der aktuellen Versorgungsrealität entgegenzuwirken. Solche Netzwerke sind durch einen Zusammenschluss von allen an der Versorgung beteiligten Einzelakteuren und Institutionen aus der entsprechenden Region gekennzeichnet. 

Allgemeines Ziel der Netzwerke ist die Verbesserung der Versorgungssituation. Die Kern-Elemente zur Schließung der identifizierten Versorgungslücken sind insbesondere eine gestärkte intra- und interdisziplinäre Kommunikation sowie der Erfahrungsaustausch und die Parkinson-spezifische Weiterbildung. 

Inzwischen weist die deutsche Versorgungslandschaft neben dem ersten im Jahr 2017 gegründeten Parkinsonnetzwerk Münsterland+ (PNM+) über zehn weitere regionale Parkinson-Versorgungsnetzwerke auf.

Schaubild Parkinsonnetzwerk
Beteiligte Berufsgruppen im PNM+
Es vereint bereits über 250 Akteure aus über 50 Institutionen. Damit ist es das bei Weitem größte Parkinson-Versorgungsnetzwerk hierzulande.

Status quo: Fehlende professionelle Koordination 

Die zentrale Herausforderung, mit welcher sich alle Netzwerke konfrontiert sehen, ist das Fehlen einer professionellen Koordination. Dies trifft sowohl mit Blick auf die regionale Ebene als auch in der überregionalen Vernetzungsstruktur zu. Medizinischen Versorgern mangelt es zumeist sowohl an Zeit als auch an Expertise, um die Netzwerke kontinuierlich zu managen. Dies führt in der Realität häufig zu losen Netzwerkzusammenschlüssen ohne rechtliche Grundlage und langfristige Agenda. 

Aus den Erfahrungen anderer Länder wird deutlich, dass eine professionelle Koordination ein zentraler Schritt hin zur dauerhaften Etablierung flächendeckender Parkinson-Netzwerkstrukturen und ein grundlegendes Strukturmerkmal solcher Netzwerke ist. 

Für die Versorgungsverbesserung und aktive Kommunikation zwischen den Leistungserbringern ist die kontinuierliche Motivation, das Angebot von Austauschplattformen sowie fachlicher Input unabdingbar. Diese Herausforderung soll mithilfe des Projektes „Professionalisierte Vernetzung von Parkinson in Deutschland“ adressiert werden. 

Ziele des Projekts

Das übergeordnete Ziel des Projektes ist es, den Parkinson-Betroffenen in Deutschland einen flächendeckenden Zugang zu regionalen Parkinsonnetzwerk-Strukturen zu ermöglichen. 

Konkret soll ein Institut für die Übernahme der zentralen Netzwerkkoordination eingebunden werden. Es fungiert als Anlaufstelle für alle regionalen, bestehenden Netzwerke und Netzwerkinteressierten. Hierdurch wird eine grundlegende Standardisierung der Netzwerke sichergestellt.  

Ziel des Projektes ist explizit nicht das Verschmelzen der regionalen Netzwerke zu einem einzelnen bundesweiten Netzwerk, sondern die zentrale Unterstützung und Steuerung der regionalen Netzwerke über eine koordinierende Instanz. Dies ist entscheidend, da ein erheblicher Mehrwert der Netzwerke gerade in Deutschland die Ausrichtung an regional spezifischen Versorgungsherausforderungen darstellt. 

Die Ziele dieses Projektes umfassen somit breitgefächerte versorgungsverbessernde Maßnahmen für Betroffene, Angehörige wie Versorgende:

  • Eine Unterstützung bei der Etablierung und der Weiterentwicklung regionaler Netzwerke leisten 
  • Das Erleichtern der Kommunikation zwischen Netzwerkpartnern sowie Netzwerkprojekten (intern und netzwerkübergreifend) 
  • Die Versorgungsqualität der Betroffenen sowohl durch das Vermeiden von Über-, Unter- und Fehlversorgung als auch durch einen Mangel an interdisziplinären Austausch verbessern 
  • Das Wissen über aktivierende Therapien maximieren und für eine verstärkte Integration in den Versorgungsalltag werben 
  • Das Bilden einer kompetenten Anlaufstelle für Fragen, Anregungen und Wünsche zur Behandlung seitens Betroffener, Angehöriger und Versorger 
  • Einen niedrigschwelligen Zugang zu Fortbildungsmöglichkeiten garantieren 
  • Durchführung von wissenschaftlichen Analysen zur Beurteilung des Effekts von Netzwerken auf die Versorgung von Parkinson-Betroffenen und der beteiligten Versorgergruppen 
  • Eine regelmäßige Evaluation und ggfls. Optimierung der Netzwerkstruktur 

Projektablauf und Maßnahmen

Mit der bereitgestellten Fördersumme sind die folgenden Maßnahmen geplant: 

1. Gemeinsame Konzeptentwicklung für das koordinierende Institut 

Es soll zunächst eine detaillierte Konzeptentwicklung zur Arbeit des koordinierenden Instituts und zur Umsetzung des in Punkt 2 beschriebenen Konsortiums erfolgen. 

2. Identifikation potenzieller Partner für das Konsortium und Ansprache dieser 

Das Konsortium soll aus Vertretern der Arbeitsgruppe „Netzwerke und digitale Versorgung“ der DPG, dem koordinierenden Institut, dem evaluierenden Institut sowie Geldgebern bestehen. Diese bilden die Kerngruppe in der operativen Umsetzung des Netzwerkes. Wichtige Interessensgruppen und Kostenträger, wie z.B. Selbsthilfegruppen oder Krankenkassen, sollen perspektivisch über eine Beiratsstruktur eingebunden werden. 

3. Versorgungsanalyse 

In Abstimmung mit den Partnern der regionalen Netzwerke sollen die regional bereits identifizierten Versorgungsherausforderungen gesammelt und analysiert werden, um einen möglichst genauen Überblick über Versorgungslücken und Hürden bei der Netzwerketablierung in Deutschland zu erhalten. 

4. Konzeption eines langfristigen Finanzierungsplans 

Für die nachhaltige Finanzierung der Arbeit im Konsortium soll gemeinsam mit den Geldgebern ein langfristiger Finanzierungsplan erarbeitet werden. 

5. Erstes Treffen des Konsortiums 

Im Rahmen des dritten Parkinson-Netzwerkkongresses am 2. und 3. Dezember 2022 in Berlin soll das erste Präsenztreffen des Konsortiums zur finalen Abstimmung der geplanten Maßnahmen stattfinden. 

6. Start der Netzwerkkoordination und der weiterführenden Projektarbeit des Konsortiums 

Nach Abschluss des Projektes startet die Netzwerkkoordination und die weitere Projektarbeit des Konsortiums. Diese Projektphase II ist nicht mehr Bestandteil der  Fördersumme. Durch die Förderung der Hilde-Ulrichs-Stiftung wird damit der Grundstein für die professionalisierte Vernetzung der Parkinson-Versorgung in Deutschland gelegt. 

Antragsteller und Projektpartner

Die Antragsteller sind Prof. Dr. Tobias Warnecke und Prof. Dr. Volker Amelung. 

Prof. Dr. Tobias Warnecke
Prof. Dr. Warnecke

Prof. Dr. Warnecke

Prof. Dr. Tobias Warnecke agiert in dem Projekt als Vertreter der AG „Netzwerke und digitale Versorgung“. Er war bis Dezember 2021 als leitender Oberarzt den Bereich Parkinsonsyndrome und andere Bewegungsstörungen am Universitätsklinikum Münster tätig. Seit Januar 2022 ist Prof. Warnecke Chefarzt der Klinik für Neurologie und Neurologische Frührehabilitation des Klinikums Osnabrück. Sein Schwerpunkt liegt in dem Bereich Parkinson/Bewegungsstörungen/Neurodegeneration. Zudem ist er Co-Sprecher der DPG-Arbeitsgruppe Netzwerke & digitale Versorgung. 

Als Initiator und Sprecher ist er seit 2017 im PNM+ aktiv. Im Jahr 2020 hat das PNM+ den Hilde-Ulrichs-Stiftungspreis erhalten. 

Aus dem PNM+ heraus wurde das Innovationsfondsprojekt ParkinsonAKTIV entwickelt. Hierbei geht es um den Aufbau der webbasierten Kommunikationsplattform JamesAKTIV zum optimierten Austausch zwischen beteiligten Leistungserbringern, um eine individuell abgestimmte Parkinson-Behandlung unter besonderer Berücksichtigung aktivierender Therapie mittels Quickcards zu ermöglichen. Er ist außerdem Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Parkinson-Vereinigung (dPV). 

Bild Prof. Dr. Volker Amelung
Prof. Dr. Volker Amelung

Prof. Dr. Amelung, inav

Prof. Dr. Volker Amelung vertritt das inav – privates Institut für angewandte Versorgungsforschung GmbH. Das inav ist als koordinierendes sowie evaluierendes Institut vorgesehen. 

Einer der Schwerpunkte des inav liegt in der Konzeption, Umsetzung und Evaluation von (innovativen) Versorgungskonzepten. Das inav und die DPG bindet eine langjährige Zusammenarbeit. So kann das inav sowohl mit Blick auf wissenschaftliche Forschung zum Thema Parkinson, die Koordination und die Evaluation von Netzwerken Erfahrungswerte aufweisen. 

Bereits im Jahr 2018 führte das inav gemeinsam mit der DPG eine Erhebung zur Messung der Anzahl von Parkinson-Patienten in Deutschland durch [3]. Auch führte das inav die Evaluation des PNM+ durch und übernimmt als Konsortialpartner die Evaluation des daraus entstanden Innovationsfondsprojektes ParkinsonAKTIV [4]. Seit drei Jahren ist das inav zudem Partner im ParkinsonNetzwerk Ostsachen (PANOS), in welchem es die Rolle der Netzwerkkoordination übernimmt. Darüber hinaus ist das inav 2022 nun zum dritten Jahr Partner in der inhaltlichen Konzeption und Organisation des jährlichen Kongresses der Parkinsonnetzwerke. 

Quellenverzeichnis:

[1] Neurologie DGf (2016) S3-Leitlinie Idiopathisches Parkinson-Syndrom. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie 

[2] Bloem BR, Henderson EJ, Dorsey ER, Okun MS, Okubadejo N, Chan P, Andrejack J, Darweesh SK, Munneke M (2020) Integrated and patient-centred management of Parkinson’s disease: a network model for reshaping chronic neurological care. The Lancet Neurology 19, 623-634 

[3] Binder S, Groppa S, Woitalla D, Müller T, Wellach I, Klucken J, Eggers C, Liersch S, Amelung VE (2018) Patientenperspektive auf die versorgungssituation im krankheitsbild morbus Parkinson in Deutschland–eine querschnittserhebung. Aktuelle Neurologie 45, 703-713. 

[4] Kerkemeyer L, Claus I, Kutscher M, von Stülpnagel V, Zur Nieden P, Huchtemann T, Warnecke T (2022) Strengthening Communication and Collaboration in the Fragmented German Healthcare System: A Mixed-Method Evaluation of an Interdisciplinary Network for Parkinson’s Disease. J Parkinsons Dis 

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