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Einsatz einer Neuroprothese bei schweren Gangstörungen durch Morbus Parkinson
Von Ines Niehaus
Im Jahr 2023 wurde eine Neuroprothese im Rückenmark bei einem 62-jährigen Parkinsonpatienten mit 30-jähriger Erkrankungsdauer mit schweren Gangstörungen von einem französisch-schweizerischem Ärzteteam erfolgreich implantiert.
Dieses führte zu einer wesentlichen Besserung seiner Gangstörungen, zum Wegfall von Stürzen und zur Reduktion des „Freezings“ (Einfrieren von Bewegungen). Diese Maßnahmen führten also zu einem großen Gewinn an Lebensqualität bei dem Patienten, z. B. wurde eine Gehstrecke von 5 km wieder ermöglicht und sogar Treppensteigen (3-7).
Bei der verwendeten Art der Neuroprothese werden die Impulsgeber direkt am Rückenmark implantiert und zwar dort, wo die Nervensignale für das Gehen an die Beine abgegeben werden. Die Signale hierzu werden entweder verstärkt oder reduziert, was zu einem besseren Gangbild führt (5).
Im Video des Patienten kann man sehen, wie er sich stolperfrei ohne Stehenbleiben in einem Parcours mit Türrahmen, steilen Kurven und engen Gängen bewegt (5,7). Nach zwei-monatigem Training konnte der Patient die Stimulation mit Hilfe eines Tablets selbstständig zu Hause steuern. In der Nacht oder bei längerem Sitzen schaltet er das Stimulationsgerät aus (7).
Die Neuroprothese wirkt im unteren Rückenbereich und wurde vor der Erprobung bei dem Patienten am nicht-menschlichen Primatenmodell getestet (1,2).
Bei dem Parkinsonpatienten wirkt die Neuroprothese zusammen mit seiner Tiefenhirnstimulation und den Parkinsonmedikamenten. Die Neuroprothese funktioniert physiologisch, indem sie dorsale Wurzeleintrittszonen in die lumbosakralen Segmente innerviert und so die räumlich-zeitlichen Aktivierungsmuster der motorischen Neuronen der Beine nachbildet (1).
Entscheidend für die Entwicklung dieser Neuroprothese war die Erkenntnis, dass die epidurale (in der Wirbelsäule in der Nähe des Rückenmarks) elektrische Stimulation die Aktivität der an der Gehbewegung beteiligten motorischen Nervenzellen verändert (1).
Es bleibt zu erforschen, ob die Neuroprothese wirksam ist zur Linderung von Gangstörungen, Gleichgewichtsstörungen und Einfrieren des Ganges auch bei weiteren Parkinsonpatienten. Eine Studie hierzu an 6 weiteren Parkinsonpatienten läuft bereits (1).
Milekovic T, Moraud EM, Macellari N et al. A spinal cord neuroprosthesis for locomotor deficits due to Parkinson’s disease. Nat Med. 2023; 29(11): 2854-2865.
Fomenko A, Fasano A, Kalia SK. Another Step Forward for Freezing of Gait in Parkinson’s Disease. J Parkinsons Dis. 2024;14(2):353-355
Waltz E. Spinal implant helps man with advanced Parkinson’s to walk without falling. Nature. 2023; 623(7987): 465-466
Seufert CG, Borutta MC, Regensburger M, Zhao Y, Kinfe T. New Perspectives for Spinal Cord Stimulation in Parkinson’s Disease-Associated Gait Impairment: A Systematic Review. Biomedicines. 2024; 12(8): 1824
Video: Neuroimplantat bei Parkinson – 3sat-Mediathek https://www.3sat.de/wissen/nano/240130-neuroimplantat-bei-parkinson-nano-100.html
Hilfe bei Parkinson: Wieder laufen lernen mit Rückenmarkprothese – SWR Wissen https://www.swr.de/wissen/parkinson-therapie-laufen-mit-rueckenmarkprothese-102.htm
Julie Zaugg. Diese Neuroprothese korrigiert Gehstörungen. Schweizerische Ärztezeitung 2024; 105 (1-2): 78-79